Wo fange ich denn an? 2014 mit der Ausgliederung? Alles schon erzählt und niedergeschrieben? Die Anfänge und Aufstiege des HFC Falke? Ebenfalls tausendmal erzählt und zu Papier bzw. in den Blog gebracht.
Dennoch muss ich aufschreiben, was am 10.06.2022 mit mir passiert ist. Bitte entschuldigt, dass ich es nur mit meinen Worten schreiben kann, die tolle Feder war mir nie gegeben, es wird holprig und viel von mir sein.
Der Anfang wurde 2021 gemacht, als 8 verrückte Vereine beschlossen, einen eigenen europäischen Wettbewerb auszurichten. So richtig mit auswärts ins Ausland fahren. 7 Länder, 8 Vereine. Am bekanntesten vermutlich FC United of Manchester, aber eben auch der HFC Falke, AS Lodigiani Calcio 1972 (Rom, Italien), CD Cuenca-Mestallistes 1925 (Valencia, Spanien),
Prague Raptors FC (Prag, Tschechien), Brera FC (Mailand, Italien), Afc DWS (Amsterdam, Niederlande) und AKS Zly (Warschau, Polen). (Hier die Gruppenaufteilung).
Europäischer Wettbewerb. Mit einem Verein aus der Bezirksliga. Völlig bekloppt. Aber die Fenix Trophy zeigte eben, dass man nicht immer nur meckern, sondern einfach mal machen muss. Das funktioniert. Und wie es funktioniert. Natürlich setze ich mir das Ziel, nicht nur alle Heim- und Auswärtsspiele von Falke mitzumachen, sondern plante auch das eine oder andere Spiel der anderen Gruppe anzuschauen. Nicht mehr nur Auswärts in Hamburg, sondern wieder in die große weite Welt! Beruflich bedingt hat es leider nur für die Heimspiele meines Vereins geklappt. Im ersten Spiel gegen die Raptors half ich nur eine Halbzeit als Ordner mit, bei den anderen beiden Spielen gegen Valencia und Rom wurde mir aber klar, dass ich mehr machen will und haben mich zum Bier verkaufen und zapfen gemeldet. Das hat richtig viel Spaß gemacht, den Durst der Zuschauerinnen und Zuschauer zu stillen. Ich stand also bei zwei Spielen im Bierwagen und nicht in der Kurve. Das war auch okay, ich merke, dass Fußball eher in der Liga für mich bedeutend ist, die Spiele in der Fenix Trophy waren ein Goodie. So konnte ich also helfen, ohne das Gefühl zu haben, was zu verpassen. Im Grunde konnte ich das erste Mal wieder frei von allem ehrenamtlich helfe, etwas, was mir in der letzten Bezirksliga Saison doch arg schwer fiel. Das ist aber ein anderes Thema.
Auswärts war ich nicht dabei, habe mit Tränen in den Augen den ersten Auswärtsauftritt in Valencia verpasst und vor allem das letzte Auswärtsspiel in Prag. Es hat mich total bewegt zu sehen, was die Fans da abgerissen haben, unter der Woche auf irgendwelchen Plätzen in Spanien, Italien und Tschechien.
Mein Ziel war aber immer Rimini, der Austragungsort des Final 8. Das Finale, in der alle Mannschaften nochmal spielen können und sich vor allem alle Fans der Vereine treffen und feiern werden. Die Reise war schnell gebucht (Hamburg, Berlin, Bologna, Rimini und zurück) der Urlaub im Kopf schon geplant – im System erst zwei Tage vorher beantragt, da vergessen – und am Ende dann die Reise am Donnerstag nach Berlin angetreten. Freitag Mittag in den Flieger nach Bologna und dann mit der Bahn nach Rimini. Sorgen habe ich mir auf dem Weg vor allem um die Bahnfahrt von Bologna nach Rimini gemacht. Und was soll ich sage, Bahn können die Italiener. Es waren genügend Verbindungen zu vernünftigen Preisen in sauberen und heilen Zügen vorhanden. Keine WLAN im Zug, warum auch, das mobile Netz war auf der ganzen Zeit vorhanden. Ein Traum. In Italien mit dem Auto fahren fand ich damals schon entspannend, Bahn fahren ist aber ein Traum. Da ist Deutschland meilenweit von entfernt. Meilenweit. Aber ich schweife ab. Also am Freitag in Rimini schnell die Koffer ins Hotel und ab zum Stadion, stand doch das erste Spiel an. Brera gegen AS Lodigiani, Spiel um Platz 3. Ich habe mir das Stadion vorher nur mal auf dem Satelliten Bild bei Google angeschaut, ich wollte mich überraschen lassen. Ich war sofort schockverliebt.
Ein Traum von einem Stadion, sogar mit Laufbahn. Der Rimini FC spielt dort in der Seria C. Das Stadion ist zu einem Punkt auf meiner Bucket List geworden, einmal dort ein Spiel vom Heimclub sehen. Sogar ein Harlekintrikot in rot weiß haben die. Das ist das Auswärtstrikot von Falke!
Das Spiel selber hat mich nicht gepackt, aber das drumherum. Wir sind zu einem europäischem Turnier mit dem kleinem HFC Falke und singen mit den Fans von FC United of Manchester um die Wette. Das war emotional sehr viel zu viel für mich, ich kam aus dem Grinsen gar nicht mehr raus. So nicht mehr raus, dass ich nicht mal was gegessen habe, sondern nur Bier und Caffe Borghetti getrunken habe. Vielleicht sieht man es ein wenig.
Warum aber war es so bewegend?
Das ist schwer zu erklären. Seit 2014 engagiere ich mich für meinen Verein. Entweder als Helfer bei den Spielen, als Mitglied in der Mitgliederversammlung oder eben auch im Präsidium. Alles irgendwie ohne richtiges Ziel. Ich habe meine Frau mit dem Effzeh durch Europa touren sehen, gute Freunde den Europapokal mit der Eintracht gewinnen sehen und jedesmal gedacht: Tja, das wirst du so nicht mehr haben. Ausser du gehst dahin (= Profifussball) zurück. Dieser Weg ist aber keine Möglichkeit für mich, ich habe mich bewusst entschieden, dass ich eben nur durch Hamburg und Umgebung ziehe und dort meine Freizeit gestalte. Das ist völlig okay für mich. Dennoch kann ich nicht verheimlichen, dass ich neidisch auf vergangene und zukünftige Auswärtsfahrten meiner Frau bin. Ich gönne ihr diese vom Herzen, dennoch gibt es eben diese Lücke im Herzen, die nicht mehr gefüllt werden kann. Die vielleicht auch nicht gefüllt werden will, aber sie ist irgendwie da.
Dieser 10.06.2022 in Rimini, Stadio Romeo Neri, hat diese Lücke sicher nicht komplett gefüllt. Das wird vermutlich nicht möglich sein. Das ist aber auch gut so. Diesen Freitag kann mir aber niemand mehr nehmen. Ich habe mich so lange nicht mehr so glücklich wie an diesem Tag gefühlt. Alle die Mühe, all mein Aufwand haben sich gelohnt. Wir haben das gemacht, wir haben das geschafft. Nicht die, wir. Der Verein. Ich glaube seit dem Aufstieg aus der Kreis- in die Bezirksliga habe ich mich nicht mehr so glücklich gefühlt. Das war 2017, ist dann auch mal bummelige 5 Jahre her. Dieses Gefühl war so wohlwarmig ums Herz rum, so tief befriedigend. All die schlaflosen Nächte rund um Corona während meiner Zeit im Präsidium waren wie ein Schnipps weg. Wir alle zusammen haben das geschafft.
Dieses Erlebnis wird immer in meinem Herzen bleiben. Es wird für die nächsten Ab- und Aufstiege bleiben, für Siege und Niederlagen im Landespokal. Für Auswärtsfahrten nach Duvenstedt und Wellingsbüttel. Für mich. Für andere ist das nichts, das ist total in Ordnung. Für mich ist das alles. Und nun eben auch wieder mit einem Glücksgefühl als Basis, welches mir niemand nehmen kann.
In diesem Sinne
PS: Die zwei Tage danach streiche ich dann gerne aus meinem Gedächtnis, denn natürlich muss ich an dem Tag, an dem mein Verein dann selber im Final 8 spielt, morgens einen Hexenschuss bekommen. Natürlich muss ich dann zwei Tage im Bett liegen um den ersten Urlaub mit meiner Frau zusammen so gar nicht genießen zu können. Natürlich muss das so sein, wer bin ich denn, dass es anders sein kann?