Auf der Arbeit habe ich heute mein Patch endlich einspielen können, meine „böse“ Email hat gewirkt, es waren um 18:15 Uhr alle abgemeldet und ich konnte somit sogar früher Feierabend machen als geplant. Nebenbei konnte ich noch einen weiteren Test erfolgreich abschließen, so dass ich trotz allem Streß in dieser Woche sehr erfolgreich und beruhigt ins Wochenende gehen kann.
Das ist kein normaler Tag. Ich hoffe, dass er das auch weiterhin bleibt und wir daran erinnert werden.
Heute ist der Holocaust Gedenktag.
Ich hoffe, dass ich in vielen vielen Jahren genau das auch noch schreiben kann. Wir sollten niemals vergessen. Es niemals wieder zulassen.
Wie finde ich denn jetzt den Weg zurück zu meinen kleinen Problemchen?
Meine Mum hat mir so gegen 15 Uhr eine WhatsApp Nachricht geschickt, in der sie gefragt hat, ob und wann ich noch bei Oma vorbei schaue.
Ich weiß nicht, ob ihr mir alle auf Twitter folgt und wie lange ihr hier schon mitliest: Ich bin im Grunde jeden Abend bei meiner Oma. Mein Auto parke ich immer noch im Opas Garage und ich schaue halt nach der Arbeit noch kurz bei Oma rum. Sie wohnt eben auch nur 500m Gehweg von mir entfernt. Ja, ich schaue immer noch mal bei Oma rum. Im Grund jetzt schon seit 10 Jahren, seit dem ich das Privileg habe, so nah bei ihr zu wohnen.
Das Problem war auch nicht, dass ich mal eben kurz bei Oma vorbei schaue, sondern das Problem war, dass Oma recht aufgebracht war. Im Nachhinein ist das immer lustig und wird gerne auf einem Familienfest erzählt. Oma hat ihr Portemonnaie verloren. Zwischendurch war es sogar so weit, dass sie es einfach weg geschmissen hat. Okay, jetzt klinge ich undankbar. Das will ich nicht ausdrücken, ich will nur nacherzählen.
Um 15 Uhr die WhatsApp Nachricht meiner Mutter, um 18 Uhr bekam ich dann einen Anruf in der Firma. Oma rief an.
Wortlaut: Ich habe Scheiße gebaut. Ich habe einen Brief mit Geld in die Mülltonne geworfen.
Nun konnte ich nicht sofort Feierabend machen. Ich habe Oma vertröstet.
Sie hat aber vorher schon stundenlang versucht die Mülltonnen zu durchsuchen, hat sich stundenlang am Fenster geschaut, ob jemand an die Mülltonnen geht, weil sie überzeugt war, dass ihr Geldbeutel (es ist jetzt 22:26 Uhr, ich kann Portemonnaie nicht mehr fehlerfrei schreiben!) in der Mülltonne liegt. Am Telefon konnte sie mir sogar exakt beschreiben, in welcher der 4 Tonnen es liegt. Aber sie bekommt ja die Tonne nicht auf!
So, nun. Ich hatte eine echt stressige Woche. Ich wollte heute Abend gerne einfach nur nach Hause, bei Oma ein Bier trinken, vielleicht hat sie sogar noch ein Asbach übrig und dann nach Hause. Das war aber nun einfach nicht drin. Oma war beunruhigt. Als ich dann mein Auto geparkt habe, empfängt mich meine Oma an der Hauseingangstür, zitternd, völlig aufgelöst und möchte mit mir die Mülltonnen durchsuchen. Seelisch war ich darauf vorbereitet, aber wenn deine Oma dann da vor dir steht, dann bist du auch einfach erstmal Enkel. Erziehungsempfänger, nicht berechtigt. Also habe ich alle Tonnen aufgemacht, überalle reingeschaut, mit Oma zusammen.
Oben in der Wohnung dachte ich, dass wir den Geldbeutel schon finden werden.
Haha! Damals, als ich noch naiv und jung war.
Zusammenfassend habe ich mit einer Taschenlampe in die Mülltonne leuchtend vor meiner Oma Müll sortiert und eindeutig klar gemacht, dass das Portemodingens nicht in der Tonne liegt. Und auch nicht in der Tonne daneben und der daneben. Selbst das hervorholen des Abfalls vom Donnerstag konnte nicht zur Beruhigung beitragen. Da der Geldbeutel ja nicht in der Wohnung ist, _muss_ der ja in der Tonne sein. Ich war dreimal draussen mit ihr, hab ihr alles gezeigt.
Nun war der Geldbeutel aber auch nicht in der Wohnung zu finden. Meine Oma war aufgelöst, beunruhigt und völlig fertig. Alle Informationen meinerseits (die Karte kann eh niemand verwenden, die Banken haben ja zu – dein Ausweis brauchst du nicht, ich weiß doch, wer du bist – es war nicht so viel Geld drin, das tut einfach nicht weh) waren nicht hilfreich. Es wurde dann der Sohn (also mein Onkel) angerufen, Theorien wurden aufgestellt. Ich habe dann meine Mutter (die letzte lebende Person, die das Portemodingens noch lebend gesehen hat) informiert, die dann auch noch angerufen hat.
Ich habe Oma einmal gemassregelt, weil ich nicht das vierte Mal raus in die Kälte wollte, um in leere Mülltonnen zu gucken.
Vor allem aber habe ich Oma nicht beruhigen können. Sie hat sich Horrorszenarien ausgemalt, weil ihr Geldbeutel weg war.
Ich habe das Portemodingens dann gefunden. Es war am Fußende des Bettes unter der Matratze.
Am Ende denkst du echt, dass das Gelddingens weg ist. Es ist in keiner Tasche, keiner Schublade, es ist einfach nicht da. Einfach nicht da. Und selbst die Aussage der letzten lebenden Person, die das Portemodingens noch gesehen hat, breuhigt einen selber nicht.
Es war dann eben doch nicht verloren, nicht weg.
Nach einer Stunde und etlichen physikalischen Beweisen, dass der Geldbeutel wirklich da ist, wurde Oma ruhiger. Das erste Mal an diesem Freitag.
Es war echt anstrengend. Es war mir zwischenzeitlich zu viel.
Oma hat noch einen Asbach getrunken. Wir haben geredet. ich bin nach 3 Stunden Suche dann nach Hause gegangen. Oma war endlich wieder beruhigt.
Die Beste und ich habe dann noch über wichtige Dinge geredet. Das kann ich mit der Besten am besten. Deswegen ist sie die Beste.
In diesem Sinne
Tags: 27.01.2017, Tagebuch
Dies Panik, das etwas weg ist wie Z.B. das Portemonnaie kenne wir wohl alle. Wenn dann nich diverse Alterserscheinungen dazukommen wird es halt schwierig, vor allem für die, die es ausbaden müssen (in diesem Fall Dich).
Gut, dass ihr es wiedergefunden habt. Ich sage es Dir ja auch immer wieder so: es ist toll und schön, wie Du Dich um Deine Oma kümmerst, auch bzw obwohl es in Situationen wie diesen nicht einfach ist die Nerven zu bewahren.
<3