Tagebuch, 20.06.2017

Heute morgen bin ich aufgestanden, wie ich es an so vielen Dienstagen getan habe. Kaffee, Brot schmieren, Duschen, einen schönen Tag wünschen, halt ein Tag wie verdammt noch mal jeder andere. Die Sonne scheint.

Raus aus dem Haus wie jeden anderen Tag der Arbeitswoche auch.

Draußen dann dunkle Wolken.

Ich beschreibe das so gerne, weil mir einfach nichts anderes einfällt. Draußen ist es wundervoll, blau, die gelbe Sonne, der leichte Wind. Drinnen ist es dunkel. Und es bleibt dunkel. Egal wohin die Gedanken sich versuchen zu fliehen, irgendwann kommen sie zurück. Sie sind ja nie weg.

Gedanken? Hört sich so greifbar an, so erklärbar an. Es ist keine Angst, keine Panik, kein unbehagliches hier will ich nicht sein. Es ist dunkel. Es hat keine Farbe, ist nicht schwarz. Es ist nicht greifbar.

Ich sitze auf der Arbeit und bin vertieft in Programmiercode. Mein Tee ist alle. Ich gehe los. Auf der Hälfte der Strecke holen mich die dunklen Wolken ein. Ich weiß in dem Moment nicht mehr, was ich eigentlich wollte. Zum Glück bin ich an jedem anderem Tag auch ständig auf dem Flur unterwegs, der Hans Dampf in allen Gassen. Weil ich das mag. Und es fällt dann eben nicht auf, wenn ich in einem Büro stehen bleibe und ein Gespräch anfange. Oh ja, das kann ich. Und wenn ich mit einem Witz auf meine Kosten anfange, ich bekomme die Leute dazu, sich mit mir zu unterhalten. Das ist das größte Schutzschild, was ich aufbauen kann. Was ich schon immer aufbauen konnte. Immer Lächeln und Winken. Jahrelang mein Motto. Egal was drinnen ist, draußen bekommt das ganz sicher niemand mit. Oh, so sicher nicht.

Die Juniorette abgeholt und den dummen dummen so dummen Fehler gemacht alleine in den Supermarkt zu gehen. Sie hatte noch ein Kratzeis und wollte das in Ruhe aufessen. Wir hatten geklärt, welcher Joghurt und welcher Aufschnitt aufs Brot mit in die Schule soll, also konnte ich alleine los. Großer Fehler. Einkaufswagen nicht wieder gefunden, vergessen, ob und was man schon im Wagen hat, trotz des Einkaufszettels dreimal alles checken. Ich bin ja nicht mal in der Lage einzukaufen.

Am liebsten hätte ich mich einfach irgendwo hingesetzt. Nichts getan. Geweint, geguckt, geirgendwas. Nur nicht einkaufen. Das geht aber nicht. Die Juniorette wartet im Auto. Es geht nicht. Ich habe tatsächlich keine Ahnung, wie ich alles in den Einkaufswagen bekommen habe. Es war aber alles drin. Und wenn die Juniorette an meiner Seite ist, funktioniere ich.

Mit der Juniorette bei Oma noch für das Diktat übermorgen geübt. Zu Hause haben wir noch das Bett neu bezogen (endlich hat die Juniorette mal geholfen) und ein wenig KIKA geschaut. Die Beste kam dann nach Hause und hat den fantastischen Tomatensalat von gestern mit neuen Tomaten noch mal aufgepeppt und Abendbrot gegessen. Dazu gab es vom selbstegmachten Brot ein paar Scheiben.

Ich habe noch Essen für Morgen vorgekocht.

Die dunklen Wolken gehen nicht weg. Ein kurzer Augenblick ohne Ablenkung und sie finden dich. Sie sind da. Sie stellen keine Angst dar, keine Furcht, kein Unwohlsein. Sie sind da. Sie lassen dich vergessen, was du gerade noch tun wolltest, was du gerade denken wolltest.

Die Beste bekommt all das ab. Ich habe keine Ahnung, warum sie das noch mit macht. Ich liebe sie so sehr. Und kann es an einem Tag wie heute so gar nicht zeigen.

Schlafen gehen. Schlaf. Da ist man mit sich.
Versuchen wir das mal. (innerlich wissen lachend ab)

In diesem Sinne

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2 Responses to “Tagebuch, 20.06.2017”

  1. Dieter sagt:

    Lieber Ned,

    diese schwarzen Wolken werden nicht von alleine weggehen. Die gehen erst weg, wenn sich irgendetwas in Deinem Leben ändert, was Dich stört (und von dem Du vielleicht noch gar nicht weißt, dass es Dich stört) oder wenn Du einen Weg findest, dieses störende Element anders zu betrachten und anzunehmen.

    Ich habe gerade 15 Wochen stationären Aufenthalt wegen Depressionen hinter mir. Ohne diese Erfahrung wäre ich nicht so anmaßend, Dir das zu schreiben und Dir möglicherweise auch etwas Angst zu machen. Aber wie bei körperlichen Beschwerden hilft es bei psychischen Problemen, eher früher als später Hilfe zu suchen.

    • nedfuller sagt:

      Hi Dieter, vor knapp drei Jahren war ich in ärztlicher Behandlung. Und ich habe vor, dass ich das bald auch wieder machen werde. Im Moment geht das aus unterschiedlichen Gründen nicht.
      Vielen Dank für deine ehrlichen und offenen Worte